
PSD2: Prüfen Sie Chancen und Risiken der neuen Zahlungsrichtlinie
Die PSD2 eröffnet kleinen Unternehmen neue Wege zur Kundenbindung: Sie könnten in Kooperation mit Fintechs maßgeschneiderte Finanzierungen anbieten und Kunden so die Kaufentscheidung erleichtern.
Text: Frank Wiercks
Seit Mitte Januar gilt die Payment Service Directive 2 (PSD2). Mit dieser Richtlinie will die EU-Kommission den Verbraucherschutz stärken und den europaweiten Wettbewerb im Zahlungsverkehr erhöhen, indem sich dort auch Nichtbanken stärker engagieren dürfen. Dass sich etwas ändert, hat jeder Kontoinhaber über seine Banken erfahren, da alle Finanzinstitute die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) den neuen Regelungen anpassen und das mitteilen mussten. In der Berichterstattung ging es danach vor allem um den Bankkunden als Verbraucher. Der Branchendienst „biallo“ etwa betonte die Aussicht auf mehr Rechtssicherheit bei Zahlungsdiensten, sinkende Gebühren und schnellere Geldüberweisungen. Gleichzeitig sorgten Warnungen vor dem gläsernen Kunden für Aufsehen, weil bald – mit Zustimmung des Betroffenen – mehr Finanzdienstleister einen Zugriff auf seine Kontoinformationen erhalten könnten.
PSD2 könnte für ein gläsernes Bankkonto sorgen
Fakt ist: Kunden können nun sogenannte Zahlungsauslösedienste wie z. B. Klarna zum direkten Geldtransfer etwa an einen Händler ermächtigen, ohne dass ein Umweg über die kontoführende Bank genommen werden muss. Sogenannte Kontoinformationsdienste wie Numbrs können damit beauftragt werden, dem Kunden auf einer App einen detaillierten Überblick über seine Konten und Verträge zu geben. Dafür brauchen diese Dienstleister natürlich Zugang zu den Konten – aber dieser muss ihnen ausdrücklich gewährt werden, ist also die souveräne Entscheidung des Nutzers. Trotzdem sollten die AGB-Änderungen der Banken gut mit dem Anwalt studiert werden. Und natürlich auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Zahlungsauslöse- oder Kontoinformationsdiensten und die von Onlinehändlern wie Amazon, die mit neuen Finanzdienstleistungen auf den Markt drängen werden oder sogar schon aktiv sind. Aber ein genauer Blick in die AGB von Geschäftspartnern sollte für Firmenchefs ja stets Pflicht sein.
PSD2-Verweigerern drohen Abmahnungen
Besonders intensiv muss sich mit der PSD2 jeder beschäftigen, der einen Onlineshop betreibt. Einmal unter dem Aspekt der AGB, deren Tücken er sicher bereits seit dem Thema Widerrufsbelehrung und Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) kennt. Sie sind so zu ändern, dass für alle von der PSD2-Richtlinie erfassten Zahlungsarten nicht länger zusätzliche Gebühren berechnet werden dürfen. Das gilt auch offline. Einige Firmen scheinen die Vorgabe umgehen zu wollen, was etwa Abmahnungen durch Verbraucherschützer oder Wettbewerber provozieren kann. Zudem ist zu überlegen, wie mit bestimmten Partnern umgegangen wird. Paypal etwa fällt nicht direkt unter die neue PSD2-Vorgabe, für diesen Zahlungsweg ist also eine Gebühr zulässig. Paypal hat in seine AGB aber parallel zum Inkrafttreten der PSD2 aufgenommen, dass Händler vom Kunden keine Gebühr für die Nutzung von Paypal verlangen dürfen – und das, obwohl Paypal für Händler teurer ist als manch anderer Finanzdienstleister. Wer nicht auf Paypal verzichten will, sollte überlegen, Navigation und Voreinstellungen im Shop zu ändern. Paypal könnte unter den Zahlungsoptionen ganz nach unten geschoben und eine andere, für den Händler preiswertere Alternative als bevorzugter Zahlungsweg automatisch vorgeschlagen werden.
Händler könnten leichter Finanzierungen anbieten
Wichtig ist die Beschäftigung mit der PSD2 für Händler auf lange Sicht aus einem weiteren Grund: Die neue Freiheit beim Zugriff aufs Konto kann ihnen helfen, dem Kunden mit Ratenzahlungsangeboten die Kaufentscheidung zu erleichtern. Wollte ein Verbraucher früher beispielsweise eine Waschmaschine finanzieren, ging er für einen Kredit zur Bank und bezahlte dann den Einzelhändler. Nur große Ketten konnten eigene Finanzierungsangebote direkt im Laden anbieten. Künftig könnten das auch kleine Händler mithilfe sogenannter Fintechs. Einige dieser Start-ups im Finanzbereich bieten schon Apps an, die sich ohne viel Aufwand in die IT des Händlers integrieren lassen. Der kann dann im Online- oder Offline-Verkaufsprozess einen Kredit anbieten, für den die App im Hintergrund die Konditionen klärt, und Kunden eine maßgeschneiderte Finanzierung offerieren.
Allerdings gilt auch für solche Fälle: Die mögliche Zusammenarbeit mit einem Fintech sollte vorher intensiv mit Anwalt und eventuell auch Steuerberater besprochen werden – nicht nur wegen der AGB, sondern auch unter Aspekten wie Datenschutz und Finanzierung.
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.
Quelle: www.trialog-unternehmerblog.de, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg