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Rechtsformwechsel – Kurs halten mit neuem Modell

Wer Märkte erobern, frisches Kapital anlocken, die Haftung begrenzen oder die Nachfolge sichern will, sucht für sein Unternehmen oft eine andere juristische Hülle. Anwalt und Steuerberater helfen bei der Auswahl, sie kennen alle Vorteile und Stolpersteine.

Text: Sigrun an der Heiden


„Wir sind nicht größen­wahnsin­nig gewor­den“, sagt CEO Reza Etema­di­an, wenn er erk­lärt, warum seine Würzburg­er Soft­wareschmiede iTiZZi­MO drei Jahre nach Grün­dung als neue Rechts­form die AG wählte. Er will inter­na­tion­al expandieren. „Als Aktienge­sellschaft war es leichter, Inve­storen an Bord zu holen“, so Etema­di­an. „Inter­na­tionalen Finanziers ist die Rechts­form ver­traut.“ Erster Schritt ins Aus­land war die Grün­dung der iTiZZi­MO Inc. in den USA: „Die Nach­frage nach unserem Pro­dukt Sim­pli­fi­er ist da.“ Die Plat­tform Sim­pli­fi­er unter­stützt Unternehmen unab­hängig von Branche oder Geschäfts­feld bei der Dig­i­tal­isierung. Inve­storen steck­ten schon fünf Mil­lio­nen Euro in das Unternehmen. Mit der Umwand­lung der GmbH in eine AG hielt sich der Mit­tel­ständler auch eine Option für die Zukun­ft offen: „Es ist nicht aus­geschlossen, dass wir an die Börse gehen“, sagt Etema­di­an, um dann einzuschränken: „Wahrschein­lich­er aber ist ein solid­er Wach­s­tum­sprozess.“ Leis­tungsträger will er bere­its heute mit Aktienop­tio­nen an die Fir­ma binden und am Erfolg beteili­gen: „Das ist ein schön­er Neben­ef­fekt der Umfirmierung.“

Wechselgrund herausarbeiten

Es gibt viele Gründe für einen Wech­sel der Rechts­form, etwa Änderun­gen bei Unternehmenssi­t­u­a­tion und strate­gis­ch­er Aus­rich­tung sowie steuer­liche Über­legun­gen. Steigt der Umsatz, grün­den Fir­menchefs oft eine GmbH, die als juris­tis­che Per­son beispiel­sweise bei der Auf­tragsver­gabe einen Vorteil brin­gen kön­nte. Dro­hen mit der Ausweitung des Geschäfts höhere Risiken, möcht­en Inhab­er ihre per­sön­liche Haf­tung begren­zen. Wach­s­tum­sun­ternehmen wer­den mit gut han­del­baren Anteilss­cheinen attrak­tiv­er für Kap­i­tal­ge­ber oder Top­man­ag­er. Auch wer seine Nach­folge plant, kommt nicht an dem The­ma vor­bei, wenn er die Über­gabe steuer­lich opti­mieren und sein Lebenswerk bewahren möchte. Die Rechts­form bee­in­flusst zudem, wer die Geschäfte führt und den Unternehmen­skurs bes­timmt, ob Gesellschafter aufgenom­men wer­den kön­nen und welche Bilanzierungs- und Pub­liz­ität­spflicht­en gelten.

Entsch­ieden wer­den sollte über die Rechts­form nie ohne fach­liche Exper­tise und genaue Analyse des Unternehmens. Der Steuer­ber­ater hil­ft, exakt die Lösung zu iden­ti­fizieren, mit der sich strate­gis­che und wirtschaftliche Ziele am besten erre­ichen lassen. Der Anwalt for­muliert die Doku­mente. „Eine wichtige Rolle spie­len die steuer­rechtlichen Beson­der­heit­en jed­er Gesellschafts­form sowie die Anforderun­gen an die Rech­nungsle­gung, die mit erhe­blichen Kosten ver­bun­den sein kön­nen“, meint Hart­mut Schwab, Vizepräsi­dent der Bun­dess­teuer­ber­aterkam­mer (BSt­BK).

An die Steuerbelastung denken

Der Steuer­ber­ater legt dem Man­dan­ten genau dar, wie das Umfir­mieren die Steuer­last und Liq­uid­ität bee­in­flusst. „Die pri­vate Sit­u­a­tion der Anteil­seign­er muss berück­sichtigt wer­den“, sagt Jens Eric Got­thardt, Vor­sitzen­der des Fachauss­chuss­es Gesellschaft­srecht der Bun­desrecht­san­walt­skam­mer. Eine der wichtig­sten Fra­gen sei: „Sind regelmäßige pri­vate Ent­nah­men geplant?“

Die meis­ten Grün­der starten als Einzelun­ternehmer oder – bei mehreren Part­nern – Gesellschaft bürg­er­lichen Rechts (GbR). Der bürokratis­che Aufwand ist ger­ing: Sie melden ein Gewerbe an. Kau­fleute benöti­gen einen Ein­trag ins Han­del­sreg­is­ter. Der Einzelun­ternehmer trägt dann den Zusatz e. K. (einge­tra­gen­er Kauf­mann), mehrere Per­so­n­en kön­nen als offene Han­dels­ge­sellschaft (OHG) fir­mieren. Einzelun­ternehmen sind gün­stig zu grün­den und leicht zu hand­haben. „Es ist kein festes Kap­i­tal zu erbrin­gen und keine Min­destein­lage zu leis­ten“, so Schwab. Die Steuer­erk­lärung bleibt über­schaubar. Der ermit­telte Gewinn ent­fällt auf den Unternehmer und wird von ihm per­sön­lich ver­s­teuert. Er haftet jedoch für Ver­luste mit seinem Privatvermögen.

Stille Reserven nicht aufdecken

Mit steigen­dem Umsatz und der Expan-sion in neue Geschäfts­felder stellt sich Unternehmern schnell die Frage nach ein­er Haf­tungs­be­gren­zung, also ein­er Gesellschaft mit beschränk­ter Haf­tung (GmbH). Das Min­dest­stammkap­i­tal beträgt 25.000 Euro. Bei ein­er Insol­venz ist dann nur das Fir­men­ver­mö­gen weg. Weit­ere Vorteile: Anteile lassen sich leichter über­tra­gen, Kap­i­tal­ge­ber und Fremdgeschäfts­führer an Bord holen. „Auch die Akzep­tanz ein­er Kap­i­talge­sellschaft ist im Aus­land häu­fig größer“, weiß BSt­BK-Vize Schwab.

„Der Formwech­sel von ein­er Per­so­n­en- zur Kap­i­talge­sellschaft ist aber ein großer Schritt, der inten­siv besprochen wer­den muss“, warnt Gesellschaft­srecht­sex­perte Got­thardt, denn damit ändert sich die Besteuerung. Die GmbH zahlt Kör­per­schafts- und Gewerbesteuer. Gewinne sind, anders als bei Per­so­n­enge­sellschaften, von den Gesellschaftern erst zu ver­s­teuern, wenn sie aus­geschüt­tet wer­den. Ver­luste kön­nen nicht mit anderen Einkün­ften der Anteil­seign­er ver­rech­net wer­den. Dazu kommt – größen­ab­hängig – die Pflicht, eine Bilanz aufzustellen und prüfen zu lassen sowie den Jahresab­schluss offen­zule­gen. „Es muss darauf geachtet wer­den, dass der Rechts­formwech­sel steuerneu­tral erfol­gt, also ohne die Aufdeck­ung stiller Reser­ven“, betont Schwab einen weit­eren Aspekt.

Großer Beliebtheit erfreut sich bei Mit­tel­ständlern auch die GmbH & Co. KG. Dahin­ter steckt eine Kom­man­dit­ge­sellschaft (KG), deren Voll­hafter (Kom­ple­men­tär) nicht der Unternehmer selb­st, son­dern eine GmbH ist. Die weit­eren Gesellschafter, die Kom­man­di­tis­ten, sind reine Geldge­ber. Sie haben keinen Ein­fluss aufs Geschäft, erhal­ten eine Verzin­sung und haften mit ihrem investierten Kap­i­tal. Der Charme dieser Lösung: Die Fir­ma ist trotz Haf­tungs­beschränkung eine Per­so­n­enge­sellschaft. So kön­nen sich steuer­liche Vorteile ergeben, die aber im Einzelfall genau mit dem Steuer­ber­ater zu prüfen sind.

Ste­fan Voelkel dachte kaum an Steuerop­ti­mierung, als er seine Nach­folge vor­bere­it­ete – er wollte das Lebenswerk der Fam­i­lie bewahren. Schon seine Großel­tern stell­ten Säfte mit Frücht­en und Gemüse aus biol­o­gis­chem Anbau her. Dieser Tra­di­tion ist die Voelkel GmbH im nieder­säch­sis­chen Höh­beck-Pevestorf treu geblieben. Damit es so bleibt, bracht­en Voelkel und seine Schwest­er ihre Fir­menan­teile in eine Fam­i­lien­s­tiftung sowie eine gemein­nützige Stiftung ein, die soziale Pro­jek­te fördert.

Unbedingt Experten einschalten

Eine Satzung legt fest, dass die Fir­ma nur Biosaft her­stellt und nicht verkauft wer­den kann. Der Senior hat das Erben aus­geschlossen. Seine vier erwach­se­nen Söhne unter­schrieben eine Pflicht­teilsverzichterk­lärung. „Es soll kein Geld aus der Fir­ma gezo­gen wer­den“, so Voelkel. Die Söhne arbeit­en im Betrieb – „für Gehalt“, betont der Vater. Zudem sitzen sie im Kura­to­ri­um der Stiftung. „Später bes­tim­men sie die Geschäft­sleitung oder führen die Geschäfte, wenn sie geeignet sind“, sagt der Senior.

Solche Verän­derun­gen sind anspruchsvoll. Beachtet wer­den müssen nicht nur die Auswirkun­gen auf Gesamt­s­teuer­be­las­tung und Liq­uid­ität. Auch die exak­te For­mulierung maßgeschnei­dert­er Verträge ist wichtig. Ohne Unter­stützung durch Steuer­ber­ater und Anwalt lässt sich der Wech­sel der Rechts­form kaum bewältigen.

Durch eine neue Rechts­form kön­nen Unternehmer oft bess­er in eine Zukun­ft mit verän­derten Her­aus­forderun­gen durchstarten.


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: TRIALOG, Das Unternehmer­magazin Ihrer Berater und der DATEV, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürn­berg, Aus­gabe 02/2017

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