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Pensionsrückstellung – stabile Konstruktionen gefragt

Durch anhaltende Niedrigzinsen und das neue Bilanzrecht belasten Pensions­zusagen für Geschäftsführer in vielen Betrieben zunehmend die Bilanz. Nur mit individuellen Lösungen lässt sich das Problem stetig steigender Rückstellungen entschärfen.

Text: Eva Müller-Tauber


Manch­mal ist rasches Han­deln bares Geld wert. Das erfuhr Mar­tin Beham, als er 2013 wie jedes Jahr mit dem Steuer­ber­ater die Bilanz analysierte. Dabei ging es auch um seine Altersab­sicherung über den Betrieb und die damit ver­bun­de­nen Pen­sion­srück­stel­lun­gen. „Er riet mir, meine Direk­tzusage zu über­prüfen“, erin­nert sich der geschäfts­führende Gesellschafter der A&B GmbH im ober­bay­erischen Tach­ing. Die Reak­tion des Ver­sicher­ers, bei dem die Fir­ma eine Rück­deck­ungsver­sicherung abgeschlossen hat­te, um mit Ein­tritt des Ver­sorgungs­falls über die notwendi­ge Liq­uid­ität zu ver­fü­gen: „Mein Betrieb sollte kurzfristig 300.000 Euro nach­schieben, damit die Aus­fi­nanzierung garantiert ist.“

Problem der Ausfinanzierung

Wegen anhal­tend niedriger Zin­sen brin­gen Lebensver­sicherun­gen, über die viele Direk­tzusagen abgesichert sind, nicht mehr die zur Vol­laus­fi­nanzierung erforder­lichen Ren­diten. Mit Abschluss ein­er Direkt- oder Pen­sion­szusage – dem bei Geschäfts­führern sehr ver­bre­it­eten Durch­führungsweg in der betrieblichen Altersver­sorgung (bAV) – verpflichtet sich jedoch das Unternehmen, im Ver­sorgungs­fall unmit­tel­bar die vere­in­barte Leis­tung zu zahlen. Das bringt vor allem geschäfts­führende Gesellschafter in die Bre­douille, die bei ihrer Altersvor­sorge zum Großteil auf diese Direk­tzusage bauen: Entwed­er nehmen sie in Kauf, dass ihre Fir­ma durch die Aus­fi­nanzierung der bAV in finanzielle Nöte ger­at­en kön­nte, oder sie bekom­men weniger Geld.

Ver­schärft und sicht­bar wird das Prob­lem niedriger Zin­sen durch das Bilanzrechtsmod­ernisierungs­ge­setz (Bil­MoG). „Seit 1. Jan­u­ar 2010 müssen Betriebe die Pen­sion­srück­stel­lun­gen in der Han­dels­bi­lanz mit einem Zins abzin­sen, der sich an der tat­säch­lichen Mark­ten­twick­lung ori­en­tiert“, erk­lärt Paulgerd Kol­ven­bach, Geschäfts­führer der Lon­gial GmbH in Düs­sel­dorf. „Ein sink­ender Zinssatz wie derzeit führt zu höheren Rück­stel­lun­gen in der Bilanz“, so der pro­movierte Math­e­matik­er. Das kann sich neg­a­tiv auf die Eigenkap­i­talquote sowie die Kred­itwürdigkeit auswirken und Investi­tio­nen erschweren.

Individuelle Lösungen gefragt

Dies wollte Beham unbe­d­ingt ver­hin­dern. Doch statt die geforderte Summe nachzuschieben, suchte der Unternehmer mit seinem Steuer­ber­ater sowie einem bAV-Spezial­is­ten und einem Anwalt rasch eine indi­vidu­elle Lösung, die seine per­sön­lichen Ansprüche wahrt, ohne den Betrieb über Gebühr zu belas­ten. Den alten Ver­trag ließ er wegen guter Kon­di­tio­nen weit­er­laufen, ergänzte ihn aber durch ein Invest­ment­fonds-Pro­dukt eines aus­ländis­chen Ver­sicher­ers, das bessere Ren­diten erzie­len kann, weil es mehr Aktien enthal­ten darf als Pro­duk­te deutsch­er Anbieter.
Monatlich zahlt die Fir­ma nun rund 500 Euro mehr für Behams Direk­tzusage. Die zusät­zlichen 120.000 Euro dafür muss sie aber erst ab seinem 85. Geburt­stag zur Ver­fü­gung stellen. Par­al­lel dazu reduzierte sie die Rück­stel­lun­gen: Bere­its erdi­ente Ansprüche fror sie ein, kün­ftige löste sie auf. „Die mussten zwar als Gewinn ver­s­teuert wer­den, aber das war das kleinere Übel, zumal sie sich im Rah­men der Geset­zge­bung mit Ver­lus­ten ver­rech­nen ließen“, kom­men­tiert Beham die Lösung.

Unternehmer müssen handeln

Laut Arbeits­ge­mein­schaft für betriebliche Altersver­sorgung (aba) in Berlin kön­nten auf Fir­men, die rück­stel­lungs­fi­nanzierte Direk­tzusagen gegeben haben, durch die niedri­gen Zin­sen und das gel­tende Bilanzrecht bis Ende 2017 bilanzielle Zusatz­be­las­tun­gen von jährlich bis zu 45 Mil­liar­den Euro zukom­men. Dies lässt Forderun­gen nach ein­er Anpas­sung der Regeln laut wer­den. Auch die Poli­tik hat das Prob­lem erkan­nt. Als Lösung im Gespräch sind unter anderem Änderun­gen an der han­dels­bi­lanzrechtlichen Find­ung des zu bilden­den Zinssatzes zur Bes­tim­mung der erforder­lichen Pen­sion­srück­stel­lun­gen. Darauf sollte aber kein Betrof­fen­er warten, zumal das keine umfassende Lösung der Prob­leme wäre. „Unternehmer müssen han­deln“, so Ger­hard Reg­n­ery von Dr. Eich, Jakob & Part­ner Koblenz, langjähriger Dozent für die Steuer­ber­aterkam­mer Rhein­land-Pfalz sowie Ref­er­ent unter anderem zur bAV. „Das The­ma ist kom­plex und kom­pliziert“, betont er. „Jed­er Fir­menchef sollte, um die für sein Unternehmen passende Lösung zu find­en, die Hil­fe eines bAV-Beraters sowie seines Steuer­ber­aters und mitunter auch die eines Anwalts in Anspruch nehmen, der die juris­tis­chen Fein­heit­en klärt.“

Ver­ringern ließen sich die Rück­stel­lun­gen beispiel­sweise durch eine andere Art der Rück­deck­ung, etwa über Invest­ment­fonds. Fehlen dem Unternehmen die finanziellen Ressourcen, kann der Gesellschafter-Geschäfts­führer auch auf den Future Ser­vice verzicht­en, also den noch nicht erdi­en­ten Teil sein­er Anwartschaft. Leitlin­ien dazu hat das Bun­des­fi­nanzmin­is­teri­um 2012 vorgegeben. Beim richtig gestal­teten Verzicht sind steuer­liche Fol­gen – verdeck­te Ein­lage beziehungsweise Lohnzu­fluss – dem­nach nicht mehr zu befürcht­en. „Nur auf das steuer­liche Ergeb­nis der GmbH wirkt sich die Her­ab­set­zung der Pen­sion­szusage im Wirtschaft­s­jahr des Verzichts aus“, erk­lärt Reg­n­ery. „Allerd­ings muss der Begün­stigte sich den Verzicht auf seine bAV leis­ten können.“

Externe Anbieter können helfen

Inter­es­sant kann es auch sein, Pen­sion­szusagen an externe Anbi­eter wie eine Unter­stützungskasse oder einen Pen­sions­fonds auszu­lagern. „Weil aber externe Träger mit deut­lich vor­sichtigeren Rech­nungs­grund­la­gen kalkulieren und einen erhe­blichen Auf­schlag berech­nen, bedarf dies aus­re­ichen­der Liq­uid­ität“, warnt Lon­gial-Chef Kol­ven­bach. Gle­ich­es gilt für die Nach­fi­nanzierung der Zusage. Außer­dem ist es unter Umstän­den möglich, von leis­tung­sori­en­tierten auf beitrag­sori­en­tierte Direk­tzusagen umzusteigen. Dies hat den Vorteil, dass sich die Pla­nungssicher­heit des Unternehmens erhöht, meint Kolvenbach.

Alter­na­tiv­en, um eine zusät­zliche Belas­tung des Betriebs durch Rück­stel­lun­gen oder steigende Zahlun­gen für Pen­sion­szusagen im Rah­men zu hal­ten, gibt es also genug. Ein Fir­menchef muss dafür nur so schnell und kon­se­quent han­deln wie A&B‑Geschäftsführer Beham.

Kostenkontrolle

So steuern Sie bei steigen­den Pen­sion­srück­stel­lun­gen gegen

Indi­vidu­elle Lösung: Für die betriebliche Altersvor­sorge gibt es kein Paten­trezept. Der Fir­menchef muss mit dem Steuer­ber­ater sowie einem unab­hängi­gen bAV-Experten eine passende Lösung erar­beit­en. Ein ver­siert­er Anwalt hil­ft, die Verträge juris­tisch wasserdicht zu formulieren.

Bilanzierungsspiel­raum: Rechen­zins und bio­metrische Rech­nungs­grund­la­gen sind fix, die Tren­dan­nah­men zur Entwick­lung von Gehalt und Renten nicht. Wird etwa der spätere Beginn der geset­zlichen Rente in der Bilanz abge­bildet, verteilen sich die Rück­stel­lun­gen über län­gere Zeit.

Neuzusagen: Nach wie vor lohnt die Direk­tzusage für GmbH-Geschäfts­führer. Bei Neuzusagen bietet sich aber das Defined-Con­tri­bu­tion-Mod­ell an. Im Gegen­satz zur leis­tung­sori­en­tierten Zusage garantiert das Unternehmen hier nur die Höhe des Beitrags zur Betriebsrente.

Über­prü­fung: In der Han­dels­bi­lanz wer­den die Para­me­ter für die Ermit­tlung der Pen­sion­srück­stel­lun­gen jährlich über­prüft. Fir­menchefs soll­ten die bAV mit ihren Beratern eben­falls ein­mal jährlich genauer unter die Lupe nehmen, um sie gegebe­nen­falls anzupassen.


Bei Fra­gen sprechen Sie uns gerne an.


Quelle: TRIALOG, Das Unternehmer­magazin Ihrer Berater und der DATEV, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürn­berg, Aus­gabe 01/2016

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