
Büromöbel: gut in Form für die Gesundheit
Ausgaben für ergonomische Arbeitsplätze rechnen sich. Wenn Ausstattung und Möbel den individuellen Bedürfnissen der Beschäftigten angepasst sind, sinken die durch Rückenprobleme verursachten Fehlzeiten – und so automatisch die Krankheitskosten.
Text: Pia Weber
Körperliche Statur und Gewohnheiten sind individuell. Manche Menschen sitzen beim Telefonieren gerade oder stützen sich auf den Schreibtisch. Sie bevorzugen einen Bürostuhl mit halbhoher Rückenlehne, die den Bandscheiben Halt gibt. Andere wippen nach hinten und brauchen eine höhere Lehne, die den Rücken in ganzer Länge stützt. Da sie solch individuelle Bewegungsmuster bei sich und ihren Mitarbeitern beobachten, machen Denise Kube und ihr Geschäftspartner Peter Gißler vom Architekturbüro Kube Gißler in Staufen bei Freiburg beim Möbelkauf neben dem Preis die Ergonomie zum Entscheidungskriterium. „Die Wahl des richtigen Sitzplatzes ist uns wichtig, denn wir verbringen mitunter zehn Stunden im Büro“, sagt Kube. Damit sie nicht rasch ermüdet, passt ihr Bürostuhl sich jeder Schwingung an: „Er läuft quasi mit und unterstützt meine Bewegung, statt gegen sie zu arbeiten, sodass meine Energie nicht unnötig abgelenkt wird.“
Die beiden Firmenchefs wissen, dass eine exakt auf die Bedürfnisse des Körpers sowie die persönlichen Arbeitsweisen abgestimmte Möblierung weit mehr ist als ein gestalterisches Detail. Deshalb gibt es für jeden im Architekturbüro die jeweils passende Sitzgelegenheit. Zwischen 600 und 1.000 Euro pro Stuhl investieren Kube und Gißler – nicht nur für sich, sondern für alle der insgesamt sechs Arbeitsplätze. „Das ist schon eine erhebliche Summe, aber es lohnt sich“, betont Kube. „Die Rechnung geht betriebswirtschaftlich auf, denn dadurch ersparen wir uns potenziell viele krankheitsbedingte Ausfälle wegen Rückenproblemen.“ Zudem punktet die Firma mit dieser Art der Gesundheitsvorsorge bei ihren Mitarbeitern.
Häufig die Haltung ändern
Rückenschmerzen sind ein Produktivitätskiller. Die Techniker Krankenkasse meldete für 2014, dass pro 100 Mitglieder durchschnittlich 143 Fehltage wegen dieses Leidens entstanden. Aber nicht nur deshalb müssen Unternehmer die Beschwerden der Beschäftigten ernst nehmen – sie sind sogar gesetzlich dazu verpflichtet. Seit 1996 schreibt die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) die Gestaltungsanforderungen an Arbeitstische und Stühle vor, damit möglichst wenig Erkrankungen am Bewegungsapparat auftreten.
Überdacht werden sollte auch, wie gearbeitet wird. „Prävention bedeutet, Aufgaben so zu planen, dass sitzende und stehende Tätigkeiten mit Bewegung kombiniert werden“, meint Sascha Wischniewski, Leiter der Gruppe Ergonomie in der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA). Bildschirmarbeit etwa kann durch Telefonieren im Stehen oder mit dem Gang zum Kopierer unterbrochen werden. Wichtige Säule der Büroergonomie ist eine gute Steh-Sitz-Dynamik, also der häufigere Wechsel zwischen Stehen und Sitzen. „Als Faustregel gilt, dass die Haltung zwei- bis viermal pro Stunde geändert und nicht über 20 Minuten am Stück gestanden werden sollte“, erläutert Wischniewski. Für die Bundesanstalt zählt zum optimalen Arbeitsplatz deshalb ein höhenverstellbarer Arbeitstisch, an dem im Stehen wie auch im Sitzen gearbeitet werden kann.
Das allein allerdings würde Thomas Bethmann nicht reichen: „Zur optimalen Steh-Sitz-Dynamik gehört eine durchdachte Systemergonomie, und das ist mehr, als ein paar ergonomisch geformte Möbel im Raum zu verteilen“, betont der Geschäftsführer der Schreinerei Freie Holzwerkstatt GmbH in Freiburg, die auf ergonomische Büroausstattungen spezialisiert ist. Für ihn gilt es, unterschiedlichste Aspekte zu beachten: Die Art der Tätigkeit, die körperliche Statur des Nutzers, wie viele Personen sich einen Arbeitsplatz teilen, wie viel Zeit sie dort verbringen. Und natürlich das Budget. „Mit einem genauen Plan, wie der Arbeitsplatz ergonomisch optimal gestaltet ist, lassen sich durchaus vorhandene Elemente einbauen“, weiß Bethmann.
Parallel zur Büroeinrichtung sollten die Arbeitsprozesse so überdacht werden, dass sie die Menschen zum Aufstehen bewegen. Viele Veränderungen wirken doppelt. Aktenordner beispielsweise gehören nicht rechts unten in den Schreibtisch, weil sie sich sonst nur unter hoher Belastung der Wirbelsäule heben lassen. Besser stehen sie auf Brusthöhe in einem Regal, das einige Schritte entfernt ist. Das erleichtert das Herausziehen. Außerdem muss der Mitarbeiter aufstehen und sich strecken, um an die Unterlagen zu kommen. „Wichtig ist dann jedoch ein Platz exakt an der Stelle, wo der Betreffende seine Last zuerst ablegen will“, rät Bethmann.
Die Wirbelsäule entlasten
Um bei diesen Details die beste Lösung zu finden, sollte ein Experte konsultiert werden, der Arbeitsplätze optimal ergonomisch zu gestalten weiß. Zu einem Stehpult etwa gehört auch eine Ablage, auf die abwechselnd die Füße gestellt werden können. Nur das entlastet die Wirbelsäule. Mehr Platz schafft bei der Bildschirmarbeit beispielsweise ein Keyboardauszug, der zugleich als Schublade für Tastatur und Maus sowie wichtige Schreibutensilien dient. „Er muss dann aber so tief sein, dass man die Unterarme ablegen kann, um die Handgelenke zu schonen“, meint Bethmann. „Denn wir müssen immer daran denken, dass unsere Muskulatur für Bewegung geschaffen ist – stundenlanges Verharren vor einer Kiste, wie wir modernen Menschen es praktizieren, ist in der Natur nun einmal nicht vorgesehen.“
Finanzierung
So rechnet sich die Gesundheit
STEUERN SPAREN Die Büroeinrichtung im Betrieb wie im häuslichen Arbeitszimmer zählt als Betriebsausgabe. Fragen Sie Ihren Steuerberater, wie Sie die Kosten optimal ansetzen.
ZUSCHUSS KASSIEREN Als „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben“ tragen Sozialversicherungsträger oder die Agentur für Arbeit teilweise die Kosten rückengerechter Büromöbel oder ergonomischer Hilfsmittel. Wer die Hilfsmittel zum Erhalt der Arbeitsfähigkeit wünscht oder zur Rehabilitation verordnet bekommt, muss vor dem Kauf den Antrag auf Zuschuss stellen: www.deutsche-rentenversicherung.de
Bei Fragen sprechen Sie uns gerne an.
Quelle: TRIALOG, Das Unternehmermagazin Ihrer Berater und der DATEV, Herausgeber: DATEV eG, Nürnberg, Ausgabe 04/2015