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Erbschaftsteuerreform 2015

Das Bundesverfassungsgericht hatte mit Urteil vom 17.12.2014 entschieden, dass Teile der Regelungen zur erbschaftsteuerlichen Begünstigung für Unternehmensvermögen verfassungswidrig sind. Die geltenden Regelungen sind jedoch bis zu einer Neuregelung weiter anwendbar. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber Frist für eine Neuregelung bis zum 30. Juni 2016 gesetzt.


Das Bun­desmin­is­teri­um der Finanzen hat nun einen „Entwurf eines Geset­zes zur Anpas­sung des Erb­schaft­s­teuer- und Schenkung­s­teuerge­set­zes an die Recht­sprechung des Bun­desver­fas­sungs­gerichts“ vorgelegt. Diesen Entwurf hat das Bun­desk­abi­nett am 8. Juli 2015 beschlossen. Die wichtig­sten Lösun­gen des Finanzmin­is­teri­ums stellen wir in nach­fol­gen­dem Artikel vor.

Hin­ter­grund zur Entschei­dung des Bun­desver­fas­sungs­gerichts Das Bun­desver­fas­sungs­gericht hat in seinem Urteil die Ver­scho­nungsregelun­gen nach §§ 13a und 13b des Erb­schaft­s­teuer- und Schenkung­s­teuerge­set­zes (Erb­StG) zwar grund­sät­zlich für geeignet und erforder­lich gehalten.

Die beste­hen­den Ver­scho­nungsregelun­gen ver­stoßen angesichts ihres Über­maßes aber gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundge­set­zes: Zwar liegt es im Entschei­dungsspiel­raum des Geset­zge­bers, kleine und mit­tlere Unternehmen, die in per­son­aler Ver­ant­wor­tung geführt wer­den, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhal­tung der Arbeit­splätze steuer­lich zu begün­sti­gen. Die Priv­i­legierung betrieblichen Ver­mö­gens ist jedoch unver­hält­nis­mäßig, soweit sie über den Bere­ich klein­er und mit­tlerer Unternehmen hin­aus­greift, ohne eine Bedürfnis­prüfung vorzusehen.

Eben­falls unver­hält­nis­mäßig sind die Freis­tel­lung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Ein­hal­tung ein­er Min­dest­lohn­summe und die Ver­scho­nung betrieblichen Ver­mö­gens mit einem Ver­wal­tungsver­mö­gen­san­teil bis zu 50 %. §§ 13a und 13b Erb­StG sind auch insoweit ver­fas­sungswidrig, als sie Gestal­tun­gen zulassen, die zu nicht zu recht­fer­ti­gen­den Ungle­ich­be­hand­lun­gen führen. Die genan­nten Ver­fas­sungsver­stöße haben zur Folge, dass die vorgelegten Regelun­gen ins­ge­samt mit Art. 3 Abs. 1 GG unvere­in­bar sind.

Entwurf des Bun­desmin­is­teri­ums der Finanzen Der Geset­zen­twurf behält im Grund­satz das derzeit­ige Begün­s­ti­gungskonzept mit der Gewährung eines Ver­scho­nungsab­schlags in Höhe von 85 % (Regelver­scho­nung) bzw. von 100 % (Optionsver­scho­nung) und eines Abzugs­be­trags von max­i­mal 150.000 Euro bei. Allerd­ings wer­den die vom BVer­fG monierten Punk­te modifiziert.

Begün­stigtes Ver­mö­gen Das bish­erige Erb­schaft- und Schenkung­s­teuer­recht sieht eine Ver­scho­nung vor, wenn das Betrieb­sver­mö­gen einen Ver­wal­tungsver­mö­genan­teil von bis zu 50 % erre­icht. Dies wurde vom Bun­desver­fas­sungs­gericht als unver­hält­nis­mäßig eingestuft. Der Geset­zen­twurf sieht vor, dass zukün­ftig nur das soge­nan­nte begün­stigte Ver­mö­gen ver­schont wer­den kann. Begün­stigt ist solch­es Ver­mö­gen, das über­wiegend seinem Hauptzweck nach ein­er gewerblichen, freiberu­flichen oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit dient.

Die Abgren­zung des begün­stigten Ver­mö­gens nach dem Hauptzweck ver­hin­dert zudem die vom Bun­desver­fas­sungs­gericht kri­tisierten miss­bräuch­lichen Gestal­tun­gen. In mehrstu­fi­gen Unternehmensstruk­turen mit Beteili­gungs­ge­sellschaften wird das begün­stigte Ver­mö­gen auf­grund ein­er kon­so­li­dierten Betra­ch­tung ermit­telt. Ein Aus­nutzen eines Ver­wal­tungsver­mö­gen­san­teils von 50 % auf jed­er Stufe der Beteili­gungsebe­nen ist danach nicht mehr möglich.

Ver­scho­nungsregeln Wie im bish­er gel­tenden Recht wird das begün­stigte Ver­mö­gen nach Wahl des Erwer­bers zu 85 % oder zu 100 % von der Erb­schaft- und Schenkung­s­teuer befre­it, wenn bes­timmte Voraus­set­zun­gen erfüllt sind:

  • Entschei­det sich der Erwer­ber für die Ver­scho­nung in Höhe von 85 % des begün­stigten Ver­mö­gens, muss er den Betrieb min­destens fünf Jahre fort­führen (Behal­tens­frist) und nach­weisen, dass die Lohn­summe inner­halb von fünf Jahren nach dem Erwerb ins­ge­samt 400 % der Aus­gangslohn­summe nicht unter­schre­it­et (Lohn­sum­men­regelung).
  • Bei der Wahl der voll­ständi­gen Befreiung von der Erb­schaft­s­teuer zu 100 % muss der Erwer­ber die Behal­tens­frist von sieben Jahren ein­hal­ten und nach­weisen, dass er ins­ge­samt die Lohn­summe von 700 % im Zeitraum von sieben Jahren nicht unter­schre­it­et (Lohn­sum­men­regelung).

Kleine Unternehmen Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten waren bish­er von der Lohn­sum­men­regelung unab­hängig von ihrer Größe gän­zlich ausgenom­men. Diese Gren­ze ist vom Bun­desver­fas­sungs­gericht ver­wor­fen wor­den. Der Geset­zen­twurf sieht vor, dass die Anforderung an die Lohn­sum­men­regelung mit der Zahl der Beschäftigten steigt:

  • Bei Unternehmen mit bis zu drei Beschäftigten wird auf die Prü­fung der Lohn­sum­men­regelung verzichtet.
  • Bei Unternehmen mit vier bis zehn Beschäftigten gilt, dass bei ein­er Behal­tens­frist von min­destens fünf Jahren die Lohn­summe 250 % der Aus­gangslohn­summe nicht unter­schre­it­en darf. Bei ein­er Behal­tens­frist von min­destens sieben Jahren darf die Lohn­summe 500 % nicht unterschreiten.
  • Bei Unternehmen mit elf bis 15 Beschäftigten gilt, dass bei ein­er Behal­tens­frist von min­destens fünf Jahren die Lohn­summe 300 % der Aus­gangslohn­summe nicht unter­schre­it­en darf. Bei ein­er Behal­tens­frist von min­destens sieben Jahren darf die Lohn­summe 565 % nicht unterschreiten.
    Beschäftigte in Mut­ter­schutz oder Elternzeit, Langzeit­erkrank­te und Auszu­bildende wer­den nicht mitgerechnet.

Große Betrieb­sver­mö­gen Nach dem derzeit­i­gen Erb­schaft- und Schenkung­s­teuer­recht gel­ten die Ver­scho­nungsregeln auch bei der Über­tra­gung von großen Betrieb­sver­mö­gen, ohne dass geprüft wird, ob es über­haupt ein­er Ver­scho­nung bedarf. Dies sieht das Bun­desver­fas­sungs­gericht als ver­fas­sungswidrig an. Beim Erwerb großer Unternehmensver­mö­gen mit einem begün­stigten Ver­mö­gen von über 26 Mio. Euro (Prüf­schwelle) sieht der Geset­zen­twurf daher ein Wahlrecht zwis­chen ein­er Ver­scho­nungs­be­darf­sprü­fung oder einem beson­deren Ver­scho­nungsab­schlag vor.

Bei Vor­liegen bes­timmter für Fam­i­lienun­ternehmen typ­is­ch­er gesellschaftsver­traglich­er oder satzungsmäßiger Beschränkun­gen wird die Prüf­schwelle auf 52 Mio. Euro angehoben.
Bei der Ver­scho­nungs­be­darf­sprü­fung muss der Erwer­ber nach­weisen, dass er per­sön­lich nicht in der Lage ist, die Steuer­schuld aus son­stigem nicht betrieblichen bere­its vorhan­de­nen oder aus mit der Erb­schaft oder Schenkung zugle­ich überge­gan­genen nicht begün­stigten Ver­mö­gen zu begle­ichen. Genügt dieses Ver­mö­gen nicht, um die Erb­schaft- oder Schenkung­s­teuer betragsmäßig zu begle­ichen, wird die Steuer insoweit erlassen.

Bei begün­stigten Ver­mö­gen von über 26 Mio. Euro bzw. 52 Mio. Euro kann sich der Erwer­ber anstelle ein­er Ver­scho­nungs­be­darf­sprü­fung alter­na­tiv für ein Ver­scho­nungsab­schmelz­mod­ell entschei­den. Hier erfol­gt eine Teil­ver­scho­nung, die mit zunehmen­dem Ver­mö­gen schrit­tweise ver­ringert wird.

Aus­ge­hend von einem Ver­scho­nungsab­schlag bei bis zu 26 Mio. Euro von 85 % (bei ein­er Hal­te­frist von fünf Jahren) bzw. von 100 % (bei ein­er Hal­te­frist von sieben Jahren) sinkt die Ver­scho­nung schrit­tweise für jede zusät­zlichen 1,5 Mio. Euro, die der Erwerb über der jew­eili­gen Prüf­schwelle liegt, um jew­eils 1 % bis zu einem Wert begün­stigten Ver­mö­gens von 116 Mio. Euro bzw. 142 Mio. Euro (bei Vor­liegen bes­timmter gesellschaftsver­traglich­er oder satzungsmäßiger Beschränkungen).

Ab 116 Mio. Euro bzw. 142 Mio. Euro gilt ein ein­heitlich­er Ver­scho­nungsab­schlag von 20 % (bei ein­er Hal­te­frist von fünf Jahren) bzw. von 35 % (bei ein­er Hal­te­frist von sieben Jahren).


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