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Reform des Verbraucherinsolvenzverfahrens: Restschuldbefreiung bereits nach drei Jahren möglich

Das bisherige deutsche Insolvenzrecht sieht ein Restschuldbefreiungsverfahren vor, worin nach einer 6‑jährigen Wohlverhaltensperiode eine Befreiung von den ausstehenden Schulden ermöglicht wird. Dies ist im europäischen Vergleich ein verhältnismäßig langer Zeitraum. Schuldner, die in England, Spanien oder Frankreich wohnen, können dieses Ziel bereits in ca. 18 Monaten erreichen.


Im Mai 2013 ver­ab­schiedete der Bun­destag das Gesetz zur Verkürzung des Restschuld­be­freiungsver­fahrens und zur Stärkung der Gläu­biger­rechte, in welchem nach­fol­gende Änderun­gen des Verbraucherinsolvenzver­fahrens fest­gelegt wur­den. Der Bun­desrat hat am 07.06.2013 beschlossen, auf Ein­wen­dun­gen zu verzicht­en. Die Änderun­gen wer­den am 01.07.2014 in Kraft treten.

Verkürzung der Wohlver­hal­tensphase In den nach dem 1. Juli 2014 beantragten Ver­fahren soll eine Restschuld­be­freiung bere­its nach drei Jahren – und nicht wie bis­lang nach sechs Jahren – möglich wer­den, wenn der Schuld­ner inner­halb dieses Zeitraums min­destens 35 % der Gläu­biger­forderun­gen sowie die Ver­fahren­skosten begle­ichen kann. Da in vie­len Fällen eine Tilgung der Schulden von 35 % nicht möglich ist, soll die Wohlver­hal­tenspe­ri­ode des Schuld­ners zumin­d­est auf 5 Jahre gekürzt wer­den, soweit dieser die Ver­fahren­skosten voll­ständig aus­geglichen hat. Andern­falls bleibt die Wohlver­hal­tensphase von 6 Jahren unberührt.

Dies kommt auch den Gläu­bigern zugute, denn viele von ihnen gehen bish­er trotz lang­wierigem Ver­fahren leer aus, weil den Schuld­nern Anreize fehlen, sich um Begle­ichung der Forderun­gen zu bemühen. Dies ändert sich mit der Insol­ven­zrecht­sre­form. Schuld­nern stellt sie einen schnelleren wirtschaftlichen Neustart in Aus­sicht, während Gläu­biger von dem damit ver­bun­de­nen Zahlungsan­reiz prof­i­tieren und nach drei Jahren nun zumin­d­est einen Teil ihrer Forderun­gen erhalten.

Die Lan­desjus­tizver­wal­tun­gen wer­den weit­er­hin ent­lastet, da dem Schuld­ner nun ein Anreiz zur zeit­na­hen Begle­ichung der Kosten des Insol­ven­zver­fahrens geset­zt wird. Dies ist nötig, da die Insol­ven­zord­nung bei Nach­weis der Ver­mö­genslosigkeit die Stun­dung der Ver­fahren­skosten durch das Insol­ven­zgericht bis nach Beendi­gung der Wohlver­hal­tenspe­ri­ode vorsieht.

Ver­hal­ten des Schuld­ners Um in den Genuss der Restschuld­be­freiung zu gelan­gen, muss der Schuld­ner neben den genan­nten Voraus­set­zun­gen gewisse Obliegen­heit­en erfüllen. Ins­beson­dere hat er für den vor­erwäh­n­ten Zeitraum von 3, 5 oder 6 Jahren seine pfänd­baren Bezüge an den Treuhän­der abzutreten, muss eine angemessene Erwerb­stätigkeit ausüben, und wenn er ohne Beschäf­ti­gung ist, sich um eine solche bemühen bzw. darf keine zumut­bare Tätigkeit ablehnen. Diese Erwerb­sobliegen­heit ist nach neuer Regelung nicht mehr erst mit Ein­tritt in die Wohlver­hal­tenspe­ri­ode, son­dern bere­its ab Eröff­nung des Insol­ven­zver­fahrens zu erfüllen.

Flex­i­ble Entschul­dungsmöglichkeit im Ver­braucherin­sol­ven­zver­fahren Zudem wurde das Insol­ven­z­plan­ver­fahren für das Ver­braucherin­sol­ven­zver­fahren ermöglicht. Dieses stellt einen weit­eren Weg zur vorzeit­i­gen Entschul­dung dar, inner­halb der der Schuld­ner zusam­men mit den Gläu­bigern unter Berück­sich­ti­gung der beson­deren Gegeben­heit­en des Einzelfalls einen indi­vidu­ellen Insol­ven­z­plan auf­stellen kann.

Ein solch­er Plan kann Regelun­gen vorse­hen, die eine um einiges schnellere Entschul­dung als das Durch­laufen des Restschuld­be­freiungsver­fahrens ermöglichen. Ein Insol­ven­z­plan soll auch inner­halb der Ver­braucherin­sol­ven­zver­fahren beschlossen wer­den kön­nen, die vor dem 1. Juli 2014 beantragt wur­den oder werden.

Schutz von Mit­gliedern von Woh­nungsgenossen­schaften Nach neuer Regelung darf der Insol­ven­zver­wal­ter die Mit­glied­schaft des Nutzers ein­er Genossen­schaftswoh­nung nicht mehr kündi­gen, wenn das Guthaben nicht höher als das Vier­fache des monatlichen Net­tonutzungsent­gelts oder max­i­mal 2.000 Euro ist. Damit wer­den Mit­glieder von Woh­nungsgenossen­schaften, die sich in der Insol­venz befind­en, vor dem Ver­lust der Woh­nung geschützt. Gle­ichzeit­ig wer­den die Inter­essen der Insol­ven­zgläu­biger gewahrt, indem ver­hin­dert wird, dass Schuld­ner ihr Ver­mö­gen unbe­gren­zt als genossen­schaftlich­es Geschäftsguthaben insol­ven­zfest anle­gen können.

Auch die Gläu­biger­rechte wer­den gestärkt Ver­stößt ein Schuld­ner gegen die ihm während der Wohlver­hal­tenspe­ri­ode aufer­legten Pflicht­en, kon­nte ein Gläu­biger bish­er nur im Schlusster­min des Insol­ven­zver­fahrens vor dem Insol­ven­zgericht einen Antrag stellen, dass der Schuld­ner nicht von seinen Schulden befre­it wird.

Diese Sit­u­a­tion führte zu dem unbe­friedi­gen­den Ergeb­nis, dass Schuld­ner die Befreiung von ihren Verbindlichkeit­en durch das Gericht aus­ge­sprochen erhiel­ten, weil die Gläu­biger an dem betr­e­f­fend­en Gericht­ster­min nicht teil­nah­men. Mit den Maß­nah­men zur Stärkung der Gläu­biger­rechte soll dies kün­ftig ver­hin­dert wer­den. Unter anderem ermöglicht das Gesetz zukün­ftig den Gläu­bigern, einen Antrag auf Ver­sa­gung der Restschuld­be­freiung jed­erzeit schriftlich zu stellen. Ein solch­er Antrag muss spätestens im Schlusster­min vor­liegen oder gestellt werden.

Auf­grund der Insol­ven­zord­nung kann eine Ver­sa­gung des Restschuld­be­freiung unter anderem wegen unangemessen­er Verbindlichkeit­en, Ver­mö­gensver­schwen­dung oder bis zu drei Jahre zurück­liegen­der unvoll­ständi­ger oder falsch­er Angaben über die wirtschaftlichen Ver­hält­nisse stat­tfind­en. Die Restschuld­be­freiung kann dabei auch nachträglich ver­sagt wer­den, falls ein Ver­sa­gungs­grund erst nach dem Schlusster­min erkan­nt wird.

Bish­er kon­nte ein Ver­sa­gungs­grund nur im Ver­lauf des Insol­ven­zver­fahrens gel­tend gemacht wer­den. Nach der Reform der Pri­vatin­sol­venz 2013 kann ein Antrag bin­nen sechs Monat­en nach Bekan­ntwer­den des Ver­sa­gungs­grun­des zuläs­sig sein. Kommt es zu ein­er Ver­sa­gung oder einem Wider­ruf der Restschuld­be­freiung, ist diese nun im Schuld­nerverze­ich­nis aufzuführen.

Die Reform ermöglicht damit insol­ven­ten natür­lichen Per­so­n­en einen schnelleren wirtschaftlichen Neustart und stärkt gle­ichzeit­ig die Rechte der Gläubiger.

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