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Fünf Wahrheiten über Griechenland, Gold, die Inflation, den Boom und die Banken

Ein Kommentar von Philipp Dobbert (Volkswirt quirin bank AG)

Eine unab­hängige und kom­pe­tente Bankber­atung ist durch nichts zu erset­zen. Es schadet aber nicht, über die aktuellen Bren­npunk­te der glob­alen Finanzwelt Bescheid zu wis­sen. Damit Sie mitre­den kön­nen, haben wir die fünf wichtig­sten The­men für Sie analysiert und eingeordnet.

1. Aktien­hype: Euphorie ja – Boom nein. Wegen der guten Stim­mung an den Aktien­märk­ten sprechen viele schon von einem Boom. Das ist über­trieben. Vielmehr sig­nal­isieren die Kon­junk­turindika­toren eine nicht ganz so drastis­che Abküh­lung, wie noch Ende ver­gan­genen Jahres zu befürcht­en war. Wir erin­nern uns: Im Herb­st 2011 waren die Finanzmärk­te sehr zurück­hal­tend. Weltweit wurde ein gesamtwirtschaftlich­er Ein­bruch erwartet. Das zweite „Ret­tungspaket“ für Griechen­land stand auf der Kippe und neue Dat­en über die prekäre Lage des europäis­chen Bankensek­tors wur­den pub­lik. Vor diesem Hin­ter­grund waren die Börsen über­mäßig schwach. Dann haben die wirtschaftlichen Frühindika­toren die Finanzwelt pos­i­tiv über­rascht – sowohl in Deutsch­land (weniger Europa) als auch in den USA und Chi­na. Die Skep­sis in den kon­junk­turellen Erwartun­gen wich ein­er gewis­sen Euphorie. Zusät­zlich – und das dürfte der entschei­dende Fak­tor gewe­sen sein – beschloss die Europäis­che Zen­tral­bank (EZB) Anfang Dezem­ber 2011, die europäis­chen Banken für bis zu drei Jahre mit beliebig hohen Sum­men an Liq­uid­ität zu ver­sor­gen. Fast 500 Mil­liar­den Euro wur­den abgerufen. Ende Feb­ru­ar 2012 stellte die EZB noch ein­mal mehr als 500 Mil­liar­den Euro bere­it und sorgte für aus­re­ichende Liq­uid­ität. Der Markt hat­te ver­standen: Die EZB würde alles Nötige und Mögliche tun, um den europäis­chen Bankensek­tor zu stützen, was die Risikowahrnehmung ver­ringerte. Ander­er­seits bleiben die Risiken weit­er enorm hoch. Fol­glich wird es eine Kor­rek­tur der Aktien­mark­ten­twick­lung geben und ins­ge­samt wird die Volatil­ität des Aktien­mark­tes hoch bleiben.

2. Gold: Real­w­erte sind auch weit­er­hin eine vorteil­hafte Anlage. Das wirtschaftliche Umfeld ist unsich­er. Davon prof­i­tieren Investi­tio­nen in Real­w­erte, vor allem in Immo­bilien und Gold. Vieles spricht dafür, dass sich das Edel­met­all auch weit­er­hin in einem langfristi­gen Aufwärt­strend befind­et. Gold prof­i­tiert zudem in zweifach­er Weise von den Liq­uid­itätsspritzen der Zen­tral­banken weltweit. Zum einen fließt die bere­it­gestellte Liq­uid­ität auch in diese Asset-Klasse, zum anderen ent­fal­tet sich eine zusät­zliche Nach­frage wegen der Infla­tion­säng­ste, die die expan­sive Geld­poli­tik der Zen­tral­banken her­vor­ruft. Die an den Finanzmärk­ten derzeit alles dominierende Suche nach Sicher­heit führt aber gle­ichzeit­ig auch dazu, dass andere Asset-Klassen sich untyp­isch entwick­eln. So führt die mas­sive Nach­frage nach deutschen Staat­san­lei­hen dazu, dass deren Kurse in die Höhe schnellen, die Verzin­sung aber in den Keller rauscht. Unab­hängige und sorgfältige Beratung ist für die Gel­dan­lage in einem solchen Umfeld wichtiger denn je.

3. Griechen­land: Die Hil­f­s­pakete lösen die fun­da­men­tal­en Prob­leme nicht. Erst im Feb­ru­ar hat der Bun­destag dem zweit­en Hil­f­s­paket für Griechen­land zuges­timmt. Im Gegen­zug für die weit­ere Unter­stützung der Euro-Staat­en verpflichtet sich der griechis­che Staat zu einem Kon­so­li­dierungskurs. Die Finanzmärk­te – aber natür­lich auch die Geldge­ber für die Hil­f­s­pakete, also alle Steuerzahler in der Europäis­chen Union – müssen glaub­haft davon überzeugt wer­den, dass Griechen­land kein Fass ohne Boden ist und die Hil­f­s­gelder erstens zurück­gezahlt wer­den kön­nen und zweit­ens die Staats­fi­nanzen des Lan­des tat­säch­lich sta­bil­isieren. Das Prob­lem: Die staatlichen Spar­maß­nah­men bewirken einen zusät­zlichen neg­a­tiv­en Kon­junk­turim­puls für Griechen­land, dessen Wirtschaft sich ohne­hin bere­its in ein­er lan­gen und tiefen Rezes­sion befind­et. Das macht ein zusät­zlich­es Kon­junk­tur-Hil­f­spro­gramm der EU-Part­ner für Griechen­land erstens nötig und zweit­ens auch sehr wahrschein­lich. Anderen­falls wird sich die griechis­che Bevölkerung nicht länger zu den mas­siv­en Sparanstren­gun­gen bere­it erklären.

4. Preise: Wir leben in einem infla­tionären Umfeld. Die Entwick­lung des Preis­niveaus hängt derzeit vor allem vom kräftig steigen­den Ölpreis ab. Auch die expan­sive Geld­poli­tik der Noten­banken weltweit kann zu einem Infla­tions­druck führen, wenn sie Infla­tion­ser­wartun­gen bei pri­vat­en Haushal­ten und Unternehmen schürt. Das bedeutet, dass diese begin­nen, ihre wirtschaftlichen Aktiv­itäten entsprechend auszuricht­en — also höhere Löhne zu fordern oder Pro­duk­t­preise zu erhöhen. Demge­genüber ste­ht die Möglichkeit, dass sich das glob­ale Wirtschaftswach­s­tum wieder deut­lich abschwächt und sich der Preis­druck ver­ringert. Aus unser­er Sicht ist ein Szenario am wahrschein­lich­sten, in dem die Infla­tion­srat­en deut­lich ansteigen, das Wirtschaftswach­s­tum aber äußerst ver­hal­ten bleibt.

5. Banken: Das Sys­tem muss sich auf seine eigentliche Funk­tion zurückbesin­nen. Eine wesentliche Moti­va­tion für die Griechen­land-Hil­fen und auch für die Liq­uid­itäts-Aktio­nen der EZB ist es, die noch immer schw­er angeschla­ge­nen Banken zu stützen. Zus­pitzun­gen oder gar neue Schiefla­gen im Bankensek­tor kön­nen über Mis­strauens- und Ansteck­ungsef­fek­te ver­heerende Auswirkun­gen auf den gesamten Wirtschaft­skreis­lauf haben. Dadurch wird deut­lich, welche wichtige Rolle der Bankensek­tor für den Wirtschaft­skreis­lauf spielt, wenn er seine eigentliche volk­swirtschaftliche Funk­tion – die Liq­uid­itätsver­sorgung von Haushal­ten und Unternehmen sowie die Kred­itver­gabe – ver­ant­wor­tungsvoll erfüllt. Hier­auf müssen sich auch die inter­na­tionalen Großbanken wieder fokussieren.

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