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Umsatzsteuer bei der Abgabe von Speisen an Imbissständen

In der Praxis treten häufig Zweifelsfragen auf, ob bei der Abgabe von Speisen an Imbissständen der ermäßigte Steuersatz oder der Regelsteuersatz in Ansatz zu bringen ist. Der Bundesfinanzhof hat hierzu nun verschiedene Urteile veröffentlicht. Rechtssicherheit ist jedoch nach wie vor nicht eingetreten. Die Financial Times Deutschland sprach von der „großen Currywurst-Posse“.


Recht­sprechung des Bun­des­fi­nanzhofs.Mit zwei zeit­gle­ich veröf­fentlicht­en Urteilen hat der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) zu der bish­er häu­fig stre­it­i­gen umsatzs­teuer­lichen Abgren­zung von Essensliefer­un­gen (Steuer­satz 7 %) und Restau­ra­tionsleis­tun­gen (Steuer­satz 19 %) Stel­lung genom­men. Die Entschei­dun­gen beruhen auf einem neuen Urteil des Gericht­shofs der Europäis­chen Union vom 10. März 2011 (C‑497/09, C‑499/09, C‑502/09, Bog u. a.), das auf­grund von Vor­la­gen des BFH ergan­gen ist.

Ermäßigter Steuer­satz. Danach liegt eine dem ermäßigten Steuer­satz unter­liegende Essensliefer­ung vor, wenn nur ein­fach zubere­it­ete Speisen (wie z. B. Bratwürste oder Pommes frites oder ähn­lich stan­dar­d­isiert zubere­it­ete Speisen) abgegeben wer­den und dem Kun­den lediglich behelf­s­mäßige Verzehrvor­rich­tun­gen (wie z. B. Theken oder Ablage­bret­ter bei Imbissstän­den) zur Ein­nahme der Speisen zur Ver­fü­gung ste­hen und die Speisen nur im Ste­hen ein­genom­men wer­den kön­nen (V R 35/08). Kommt zu den stan­dar­d­isiert zubere­it­eten Speisen noch eine weit­ere Leis­tung hinzu – z. B. Kell­nerser­vice, Beratung und Bedi­enung, geschlossene Räume, Garder­obe und Toi­let­ten oder Geschirr und Mobil­iar –, kommt der Regel­s­teuer­satz zur Anwendung.

Regel­s­teuer­satz.Zu einem dem Regel­s­teuer­satz unter­liegen­den Restau­ra­tionsum­satz führt mithin die Abgabe von Stan­dard­speisen, sobald der leis­tende Unternehmer seinen Kun­den zusät­zlich­es Mobil­iar wie Tisch(e) mit Sitzgele­gen­heit­en zur Ver­fü­gung stellt. Im Unter­schied zur früheren Recht­sprechung sind dabei jedoch Verzehrvor­rich­tun­gen Drit­ter – wie z. B. Tis­che und Bänke eines Stand­nach­barn – nicht zu berück­sichti­gen, auch wenn diese im Inter­esse des leis­ten­den Unternehmers zur Ver­fü­gung gestellt wur­den (V R 18/10).

Weit­ere Hin­weise des Bun­des­fi­nanzhofs. Der Bun­des­fi­nanzhof hat in sein­er Pressemit­teilung noch auf nach­fol­gende Entschei­dun­gen hingewiesen:

Mit Beschlüssen vom 15. Okto­ber 2009 XI R 6/08 und XI R 37/08 und vom 27. Okto­ber 2009 V R 3/07 und V R 35/08 hat der Bun­des­fi­nanzhof dem Gericht­shof der Europäis­chen Gemein­schaften mehrere Fra­gen vorgelegt, die die Abgren­zung von Restau­ra­tionsleis­tun­gen (Dien­stleis­tun­gen) und Liefer­un­gen von Nahrungsmit­teln betr­e­f­fen. Eine Liefer­ung würde dem ermäßigten Umsatzs­teuer­satz von 7 % unter­liegen, nicht hinge­gen – anders als in anderen Mit­glied­staat­en – eine Restau­ra­tionsleis­tung, die mit dem Regel­s­teuer­satz von 19 % besteuert wird. Es hängt deshalb von der Beurteilung als Liefer­ung oder Dien­stleis­tung ab, ob die Umsätze dem Regel­s­teuer­satz unter­liegen oder ermäßigt zu besteuern sind. In den bei­den Ver­fahren V R 35/08 und XI R 37/08 geht es um die Beurteilung der Abgabe von Speisen aus einem Imbis­s­wa­gen mit z. T. über­dacht­en Verzehrtheken oder Ablage­bret­tern. Das Ver­fahren V R 3/07 bet­rifft die Abgabe von Speisen in Kino-Foy­ers, in denen Tis­che, Stüh­le und son­stige Verzehrvor­rich­tun­gen vorge­hal­ten waren. Im Ver­fahren XI R 6/08 sind Leis­tun­gen eines Par­ty-Ser­vice-Unternehmens zu beurteilen.

Die erweit­erte Ermäch­ti­gung der Mit­glied­staat­en zur Ein­führung eines ermäßigten Steuer­satzes in Anhang H zu Art. 12 Abs. 3 Buchst. a) der Richtlin­ie 77/388/EWG nicht nur – wie bish­er – für die Liefer­ung von Nahrungsmit­teln, son­dern zusät­zlich auch für „Restau­rant- und Verpfle­gungs­di­en­stleis­tun­gen“, lässt aus gemein­schaft­srechtlich­er Sicht als zweifel­haft erscheinen, ob es sich bei der Abgabe von Speisen oder Mahlzeit­en zum sofor­ti­gen Verzehr um eine Liefer­ung han­delt. Sollte dies zu beja­hen sein, muss die Frage beant­wortet wer­den, ob unter den Begriff Nahrungsmit­tel i. S. von Anhang H Kat­e­gorie 1 der Richtlin­ie 77/388/ EWG nur Nahrungsmit­tel „zum Mit­nehmen“ fall­en oder auch Speisen oder Mahlzeit­en, die durch Kochen, Brat­en, Back­en oder auf son­stige Weise zum sofor­ti­gen Verzehr zubere­it­et wor­den sind. Hin­sichtlich der Abgren­zung von Restau­ra­tionsleis­tung (Dien­stleis­tung) und Liefer­ung ist zu klären, ob die Zubere­itung der Speisen oder Mahlzeit­en als ein wesentlich­es Dien­stleis­tungse­le­ment zu berück­sichti­gen ist, das zusam­men mit ein­er oder mehreren zusät­zlichen Dien­stleis­tun­gen der ein­heitlichen Leis­tung das Gepräge ein­er Dien­stleis­tung verleiht.

Zubere­itung von Speisen im Altenwohn­heim. Der Bun­des­fi­nanzhof hat in einem weit­eren Urteil vom 12.10.2011 (V R 66/09) entsch­ieden, dass die in ein­er Großküche eines Altenwohn­heims und Pflege­heims zur Verpfle­gung der Bewohn­er zubere­it­eten Speisen keine „Stan­dard­speisen“ als Ergeb­nis ein­fach­er und stan­dar­d­isiert­er Zubere­itungsvorgänge nach Art eines Imbiss­standes sind, sodass deren Abgabe zu fes­ten Zeit­punk­ten in Warmhal­te­be­häl­tern keine Liefer­ung, son­dern eine dem Regel­s­teuer­satz unter­liegende son­stige Leis­tung ist.

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