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Den Fiskus beteiligen

Wurden Geschäftstermine und Urlaub kombiniert, ließen sich bisher keine Ausgaben absetzen. Jetzt eröffnen die Finanzrichter die Chance, Steuern zu sparen.


Joachim Schon­del­maier ist ein Unternehmer alter Prä­gung. Mit Kun­den und Zulief­er­ern ver­han­delt er per­sön­lich, um einen guten Kon­takt aufzubauen, Verträge bestätigt er per Hand­schlag. Der Erfolg gibt dem Chef der Schon­del­maier GmbH – Press­werk in Gutach bei Freiburg recht: In dem Kalt­press­werk fer­ti­gen 250 Beschäftigte jährlich Seri­en­teile im Wert von 40 Mil­lio­nen Euro für die Autoin­dus­trie. „Wir pro­duzieren Kom­po­nen­ten in höch­ster Qual­ität und Präzi­sion“, betont Schon­del­maier, der den Fam­i­lien­be­trieb in drit­ter Gen­er­a­tion leit­et. „Und zwar exakt nach den Erfordernissen unser­er Abnehmer.“

Um dieses Leis­tungsver­sprechen zu erfüllen, sind der Fir­menchef sowie 20 Mitar­beit­er viel unter­wegs. Sie bah­nen neue Geschäfte an oder klären Pro­jek­t­de­tails. Bish­er achtete Schon­del­maier sehr darauf, dass seine Experten nach solchen Gesprächen sofort zurück­kehren: „Da Geschäft­sreisen nicht mit pri­vat­en Ter­mi­nen verknüpft wur­den, hat­ten wir kein Prob­lem mit dem Finan­zamt.“ Inzwis­chen sieht er das etwas lock­er­er und erlaubt den Mitar­beit­ern manch­mal, eine Dien­streise ins Aus­land pri­vat über das Woch­enende zu ver­längern: „Das ist eine kleine Aufmerk­samkeit für ihren hohen Ein­satz.“ Leis­ten kann sich Schon­del­maier diese Großzügigkeit seit einem Grund­satzurteil des Bun­des­fi­nanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2010.

Danach dür­fen Finanzbeamte den Betrieb­saus­gaben­abzug für soge­nan­nte gemis­cht ver­an­lasste Reisekosten nicht generell ver­weigern, wenn das Unternehmen die Kosten sauber in beru­flich und pri­vat ver­an­lasst aufteilt. Alle betrieblichen Aufwen­dun­gen darf der Fir­menchef steuer­lich abset­zen. Dies gilt ins­beson­dere für die Hin- und Rück­reisekosten, die bish­er dem Rot­s­tift des Finan­zamts zum Opfer fie­len. Denn sie wären ohne­hin angefallen.

Finan­zamt prüft akribisch. Neuerd­ings haben Geschäft­sreisende durch drei Urteile der ober­sten Finanzrichter größeren steuer­lichen Gestal­tungsspiel­raum (siehe Kasten).

Wer Beruf und Freizeit kom­biniert, darf die Kosten anteilig abset­zen, wenn er den dien­stlichen Anlass ein­er Reise belegt. Jedem Unternehmer sollte jedoch klar sein, dass die Finanzbeamten bei 155 Mil­lio­nen Geschäft­sreisen und den damit ver­bun­de­nen Kosten von 43,5 Mil­liar­den Euro im Jahr 2010 bei den Reisekostenabrech­nun­gen auch kün­ftig sehr genau hin­se­hen wer­den. Wer Geschäftlich­es mit Pri­vatem verbindet, sollte deshalb vor­ab mit seinem Steuer­ber­ater klären, welche Kosten sich abset­zen lassen und welche Belege aufzube­wahren sind.

„Liegt der Pri­vatan­teil ein­er Reise bei über 90 Prozent, ist kein Steuer­abzug erlaubt. Beträgt dage­gen der dien­stliche Anteil über 90 Prozent, sind alle Reisekosten Betrieb­saus­gaben oder Wer­bungskosten“, erk­lärt Ani­ta Käd­ing, Lei­t­erin der Abteilung Steuer­recht und ‑poli­tik beim Bund der Steuerzahler in Berlin, die neuen Regeln. „Grund­sät­zlich fordern die Richter eine klare Aufteilung der betrieblichen und pri­vat­en Kosten beispiel­sweise nach Zei­tan­teilen.“ Aufwen­dun­gen für An- und Abreise sowie Über­nach­tung und Verpfle­gung sind möglichst nach Tagen aufzuschlüs­seln: Die Hotel­rech­nung während der geschäftlichen Tagung samt Spe­sen zahlt der Arbeit­ge­ber, die pri­vat­en Urlaub­stage der Arbeitnehmer.

Die Flugkosten sind eben­falls aufzuteilen: Ver­längert ein Mitar­beit­er die ein­wöchige Geschäft­sreise um einen dre­itägi­gen Kurzurlaub, zahlt er drei Zehn­tel des Flugtick­ets selb­st. Ärg­er mit dem Fiskus dro­ht nur, wenn die Reisekostenabrech­nung sich durch die frühere Hin- oder spätere Rück­reise deut­lich erhöht. Unstrit­tig und steuer­lich voll abset­zbar sind dage­gen rein beru­flich bed­ingte Kosten, etwa Tagungs­ge­bühren oder Messeein­tritte. Prob­lema­tisch ist es weit­er­hin, wenn sich Pri­vates und Beru­flich­es nicht sauber tren­nen lassen. „Eine offene Flanke bleiben Reisen, die Fir­menchefs unternehmen, um Kon­tak­te zu knüpfen“, warnt Marc Desens, Pro­fes­sor für Steuer- und öffentlich­es Wirtschaft­srecht an der Uni­ver­sität Leipzig. „Wenn das Pro­gramm der Wirtschafts­del­e­ga­tion auch all­ge­mein­bilden­der Natur ist, wird es schwierig, dem Finan­zamt eine beru­fliche Moti­va­tion zu belegen.“

Der Jurist rät deshalb, alles zu sam­meln, was den beru­flichen Anlass der Reise doku­men­tiert. Dazu zählen neben dem Tagungs- oder Reise­pro­gramm auch genaue Aufze­ich­nun­gen zu geführten Gesprächen oder geknüpften Kon­tak­ten. Wer mit dem Fir­men­wa­gen unter­wegs ist, sollte zudem ein ord­nungs­gemäßes Fahrten­buch führen.

Für den Fiskus müssen Sprachkurse nicht zwin­gend auf Insel­paradiesen stat­tfind­en, aber der Indi­an Sum­mer in den USA lässt sich auch bei ein­er Dien­streise genießen.

Genaue Doku­men­ta­tion hil­ft. Beson­ders bei Sprachreisen kommt es auf eine saubere Doku­men­ta­tion an. Ist eine Aufteilung der Reisekosten nach pri­vat­en und beru­flichen Tagen unmöglich, weil abends nach dem Sprachkurs noch Zeit für Besich­ti­gun­gen war, erlauben die Finanzrichter eine prozen­tuale Auf­schlüs­selung. Ist auch das schwierig, darf laut BFH-Richter­spruch die Hälfte der Reisekosten steuer­lich ange­set­zt wer­den. Haben die Finanzbeamten aber den Ver­dacht, dass ihnen ein Urlaub­strip als Geschäft­sreise untergeschoben wer­den soll, ist der Steuer­abzug schnell gestrichen. Dabei gilt: Je exo­tis­ch­er das Reiseziel, desto eher unter­stellt der Fiskus einen pri­vat­en Anlass. Dar­legung und Beweis­last liegen dann beim Steuerzahler. Unternehmer soll­ten sich daher mit dem Gedanken anfre­un­den, dass man Franzö­sisch nicht unbe­d­ingt auf Mada­gaskar ler­nen muss.


Quelle: TRIALOG, Das Unternehmer­magazin Ihrer Berater und der DATEV, Her­aus­ge­ber: DATEV eG, Nürn­berg, Aus­gabe 01/2012; Text: Sigrun an der Heiden

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