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Neue Rechtsprechung zu Reisekosten

Reisen, bei denen das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden wurde, führten in der Vergangenheit immer wieder zu steuerlichen Auseinandersetzungen.


Entwick­lung der Recht­sprechung In der jün­geren Recht­sprechung waren nach dem Bun­des­fi­nanzhof die Kosten der An- und Abreise, auch wenn die Reise sowohl beru­flich genutzte als auch pri­vat genutzte Zei­tan­teile enthielt, nicht aufzuteilen. Vielmehr ließ er die Reisekosten entwed­er ganz oder aber gar nicht zum Abzug als Betrieb­saus­gaben oder Wer­bungskosten zu.

So ließ der BFH in zahlre­ichen Fällen Reisekosten trotz beru­flich­er Mitver­an­las­sung ins­ge­samt nicht zum Abzug zu.

Hierunter fiel z. B. die Türkeireise ein­er Beruf­ss­chullehrerin, die fast auss­chließlich türkische Schü­lerin­nen unterrichtete.

Eine Mod­i­fizierung der entwick­el­ten Maßstäbe vol­l­zog sich in einem späteren Urteil: Danach stand dem Betrieb­saus­gaben­abzug der Kosten für die Teil­nahme an ein­er beru­flichen Fort­bil­dungsver­anstal­tung nicht ent­ge­gen, dass dieser Ver­anstal­tung ein Urlaub­saufen­thalt an dem­sel­ben Ort vorang­ing. Die Kosten der Reise zum Ver­anstal­tung­sort und zurück ein­schließlich Reisenebenkosten kon­nten jedoch in diesem Fall eben­so wie die Kosten des Urlaub­saufen­thalts nicht als Betrieb­saus­gaben abge­zo­gen werden.

Nach ein­er weit­eren Änderung der Recht­sprechung war es nicht mehr erforder­lich, dass die Ver­fol­gung pri­vater Inter­essen nahezu aus­geschlossen oder von ganz unter­ge­ord­neter Bedeu­tung war. Reisekosten seien vielmehr in der Regel schon dann voll­ständig abziehbar, wenn der Reise ein unmit­tel­bar­er beru­flich­er Anlass zugrunde liegen und die Ver­fol­gung pri­vater Rei­sein­ter­essen nicht den Schw­er­punkt der Reise bilden würde.

Entschei­dung des Großen Sen­ats des Bun­des­fi­nanzhofs Mit Beschluss vom 21.09.2009 hat der Große Sen­at des Bun­des­fi­nanzhofs nun entsch­ieden, dass die Aufwen­dun­gen für die Hin- und Rück­reise bei gemis­cht beru­flich (betrieblich) und pri­vat ver­an­lassten Reisen grund­sät­zlich in abziehbare Wer­bungskosten oder Betrieb­saus­gaben und nicht abziehbare Aufwen­dun­gen für die pri­vate Lebens­führung nach Maß­gabe der beru­flich und pri­vat ver­an­lassten Zei­tan­teile der Reise aufgeteilt wer­den kön­nen, wenn die beru­flich ver­an­lassten Zei­tan­teile fest­ste­hen und nicht von unter­ge­ord­neter Bedeu­tung sind.

Sachver­halt der Entschei­dung Die Kläger waren zur Einkom­men­steuer zusam­men ver­an­lagte Ehe­gat­ten. Der Kläger, der früher auch in den USA beruf­stätig war, bezog im Stre­it­jahr als kaufmän­nis­ch­er Angestell­ter Einkün­fte aus nicht­selb­st­ständi­ger Arbeit zunächst bei einem im Bere­ich der Infor­ma­tion­stech­nolo­gie täti­gen Unternehmen und im zweit­en Hal­b­jahr aus ein­er Tätigkeit als „EDV-Con­troller“ bei einem Unternehmen der Versicherungsbranche.

Er besuchte wie auch in den Vor­jahren eine Com­put­er-Messe in Las Vegas, auf der er im Vor­jahr einen Vor­trag gehal­ten hat­te. Er flog am Fre­itag, dem 11. Novem­ber 1994, ohne die Klägerin, nach Las Vegas. Die Messe begann am darauf­fol­gen­den Mon­tag und endete an dem darauf­fol­gen­den Don­ner­stag. Von Mon­tag bis Mittwoch fan­den in der Zeit von 10:30 bis 17:00 Uhr (mit drei halb­stündi­gen Pausen) Fachver­anstal­tun­gen und Fachdiskus­sio­nen statt. Am Don­ner­stag dauerten die Fachver­anstal­tun­gen von 9:00 bis 14:30 Uhr. Am darauf­fol­gen­den Sam­stag flog der Kläger von Las Vegas zurück nach Köln; dort traf er am Son­ntag ein.

Der Kläger machte die Aufwen­dun­gen für die Reise als Wer­bungskosten bei der Ermit­tlung sein­er Einkün­fte aus nicht­selb­st­ständi­ger Arbeit gel­tend: Flugkosten (inklu­sive Flughafenge­bühren), Tagungs­ge­bühren, Verpfle­gungsmehraufwand und Hotelkosten für sechs Übernachtungen.

Das Finan­zamt berück­sichtigte nur die Tagungs­ge­bühren als Wer­bungskosten. Das Finan­zamt berief sich dabei auf die bish­erige Recht­sprechung des BFH, nach der für die Beurteilung „gemis­cht“ (beru­flich und pri­vat) ver­an­lasster Aufwen­dun­gen ein all­ge­meines Aufteilungs- und Abzugsver­bot beste­ht und eine Aufteilung nur aus­nahm­sweise für zuläs­sig erachtet wird.

Begrün­dung des Großen Sen­ats des Bun­des­fi­nanzhofs Diese Recht­sprechung hat der Große Sen­at des BFH nun­mehr aufgegeben. Aus­gangspunkt sein­er Entschei­dung ist die unein­heitliche Entwick­lung der Recht­sprechung, die in zunehmen­dem Maß Aus­nah­men von dem all­ge­meinen Aufteilungs- und Abzugsver­bot zulässt (u. a. bei Tele­fon­grundge­bühren und PC-Kosten sowie bei den Zin­saufwen­dun­gen für „gemis­chte“ Kontokorrentschulden).

Nach der nun ergan­genen Entschei­dung des Großen Sen­ats des Bun­des­fi­nanzhofs kön­nen die Aufwen­dun­gen nach den beru­flich und pri­vat ver­an­lassten Zei­tan­teilen der Reise grund­sät­zlich in abziehbare Wer­bungskosten (Betrieb­saus­gaben) und nicht abziehbare Aufwen­dun­gen für die pri­vate Lebens­führung aufgeteilt wer­den. Da im Stre­it­fall von den 7 Tagen des USA-Aufen­thalts 4 Tage dem beru­flichen Anlass zuzuord­nen waren, mussten die Kosten des Hin- und Rück­flugs demgemäß zu 4/7 als Wer­bungskosten berück­sichtigt werden.

Prax­ish­in­weis Mit der Entschei­dung, das Aufteilungs- und Abzugsver­bot für gemis­cht ver­an­lasste Aufwen­dun­gen aufzugeben, hat der BFH eine jahrzehn­te­lange Spruch­prax­is been­det. Reisekosten wer­den damit in Zukun­ft in größerem Umfang abge­set­zt wer­den kön­nen als bisher.

Zunächst wird zukün­ftig festzustellen sein, welche Kostenbe­standteile der Reise ein­deutig beru­flich ver­an­lasst sind und welche pri­vat. Darüber hin­aus ist nun­mehr auch ein entsprechen­der Teil der Fahrtkosten zu berücksichtigen.

Ist es nicht möglich, die Kosten ein­deutig zu tren­nen, müssen die beru­flich und pri­vat ver­an­lassten Kos­tenan­teile im Wege der Schätzung ermit­telt werden.

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